ÜBER DEN BURGENLÄNDISCH-UNGARISCHEN KULTURVEREIN

Vom Mutterland abgetrennt und keine Möglichkeit einer schulischen Ausbildung ihrer Muttersprache fanden es die burgenländischen Ungarn für notwendig, eine Organisation zur Bewahrung ihrer Identität ins Leben zu rufen.

Im Jahre 1968 erfolgte unter dem Namen Burgenländisch-Ungarischer Kulturverein die Eintragung im Vereinsregister. Sitz des Vereines ist Oberwart. Der Verein vertritt kulturelle und gesellschaftliche Interessen. Es handelt sich um eine überparteiliche Organisation, die Angehörige sämtlicher Konfessionen und Weltanschauungen vereinigt. Der Verein ist nicht gewinnorientiert ausgerichtet. Das Tätigkeitsgebiet umfasst ganz Burgenland. Folgende Ziele wurden in den Statuten festgehalten: Wahrung der Rechte und Interessen der burgenländischen Ungarn, Erhaltung der ungarischen Sprache und dem kulturellen Erbe, Förderung des Brauchtums, Organisation von Vorträgen, Veranstaltungen und Ausflügen, Veröffentlichung von ungarischsprachigen Druckwerken, Gründung einer Bibliothek, Jugendförderung mit Sprachferienlager, Unterstützung des ungarischsprachigen Schulunterrichtes.

In der ersten Generalversammlung wurde als Obmann Herr János Moor, Schuldirektor aus Unterwart und als Obmannstellvertreter Herr Prof. Lajos Szeberényi aus Siget i.d. Wart gewählt.

Zu Beginn wurden die Mitgliederversammlungen in Gasthäusern abgehalten. Das erste offizielle Büro war im Haus Fuith (derzeit Billa) untergebracht, in späterer Folge in der Badgasse, dann im ersten Stock der Schulgasse 3. Das heutige Vereinslokal in der Wiener Str. 47 wurde im September 2004 offiziell eröffnet.

Am Anfang wurde der Kulturverein ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge finanziert. Nach Schaffung des Volksgruppenbeirates stehen nunmehr auch staatliche Mittel vom Bundeskanzleramt zur Verfügung, um die Ziele des Vereines verwirklichen zu können. Zusätzliche Geldquellen ergeben sich aus eingereichten Förderprojekten.

Die Obmänner/-frauen: János Moór, Lajos Szeberényi, Julianna Tölly, Dr. Josef Plank, Mag. Iris Zsótér üb(t)en ihre Funktion ehrenamtlich aus und opferten ihre Freizeit und Arbeitskraft zum Wohle der ungarischen Gemeinschaft. Auch religiöse Vertreter wie Dr. Imre Gyenge, reformierter Pfarrer in Oberwart, Dr. Béla Teleky, evangelischer Pfarrer aus Siget i.d. Wart, Dr. Irenäus Galambos, katholischer Pfarrer in Unterwart stellten ihre Dienste uneigennützig dem Verein zur Verfügung. Ihre Nachfolger führen diese Tradition weiter.

Auch mit den ungarischen Minderheiten anderer Länder (z.B.: Slowenien, Kroatien) wurde eine freundschaftliche Beziehung aufgebaut. Der Burgenländisch-Ungarische Kulturverein ist Mitglied des österreichischen Volksgruppenzentrums (ÖVZ).

Durch die Kontaktaufnahme des Burgenländisch-Ungarischen Kulturvereines mit der Pädagogischen Hochschule in Szombathely wurde eine sprachliche Fortbildungsmöglichkeit für die burgenländischen Lehrer geschaffen. Der Kulturverein hat ebenfalls bewirkt, dass Professoren aus Ungarn an österreichischen Schulen unterrichten können. Auch mit Hilfsmitteln wie Lehrbüchern, Wörterbüchern, Lexika, Handbüchern, Tonträgern, Videofilmen und Personalcomputern wird der Ungarischunterricht gefördert. An immer mehr Schulen wird Ungarisch als Pflicht- bzw. Freigegenstand unterrichtet. Der Verein stellt auch hier Lehrmittel zur Verfügung. Ebenso wird die Teilnahme an der Sommeruniversität Debrecen und Zalaegerszeg unterstützt.

Die Herausgabe ungarischsprachiger Publikationen zeigte eine Notwendigkeit auf. Gleich nach der Gründung im Jahr 1968 erschien das „Mitteilungsblatt des Burgenländisch-Ungarischen Kulturvereines“ zum ersten Mal. Im Laufe der Jahre entwickelten sich im „Őrség“ (der jetzige Name der Zeitschrift) ständige Kolumnen mit Interviews sowie literarischen und künstlerischen Berichten. Das Blatt „Őrvidéki Hírek“ dient zur Information der im Burgenland lebenden Ungarn. Die Kinderzeitschrift „Napocska“ erschien bis 2010 jeden Monat während des Schuljahres in ungarischer Sprache und wird seit 2011 von der Kinderzeitung „Mini multi magyarul“ abgelöst. Diese Zeitung wurde vom Kulturverein an alle burgenländischen Schulen mit Unterricht in ungarischer Sprache verteilt. Es wurden auch weitere Druckwerke mit Unterstützung des Burgenländisch-Ungarischen Kulturvereines herausgegeben. Für die Bekanntmachung dieser Werke wurden vom Verein Buchpräsentationen veranstaltet.

Aufgrund der politischen Lage Ungarns ab den 60er Jahren war es schwierig, an ungarischsprachiges Lesematerial zu gelangen. Dies machte die Gründung einer Bibliothek notwendig. Den Grundstock bildeten Bücher, welche der Wiener ungarische Kultur- und Sportverein dem Burgenländisch-Ungarischen Kulturverein schenkte. 1973 mietete der Verein von der Gemeinde Unterwart 2 Säle. 1975 wurde die „Unterwarter Interessensgemeinschaft“ mit vier Rechtspersonen gegründet: Burgenländisch-Ungarischer Kulturverein, Gemeinde Unterwart, Katholische Pfarrgemeinde Unterwart, Unterwarter Volksbildungsverein. Als Ende der 60er Jahre Dr. Irenäus Galambos ins Burgenland kam, hatte er sich an der kulturellen Arbeit sofort maßgeblich beteiligt. Er wurde auch Mitglied des Vereines und stellte seine eigene Büchersammlung zur Verfügung. Von Anfang an beteiligte sich der Burgenländisch-Ungarische Kulturverein an der Instandhaltung und laufenden Erweiterung der Bibliothek und übernahm bis zum Jahre 1999 einen Teil der Finanzierung. Es entstand der Gedanke, die Bibliothek in ein Medienzentrum umzuwandeln. Die erforderliche Garantie zur Aufrechterhaltung des Institutes konnte der Verein nicht erbringen. Die Bibliothek wurde deshalb an den neuen Betreiber unter Verzicht der während des letzten Vierteljahrhunderts eingebrachten Werte übergeben.

GEDANKEN…

…macht es Sinn, mit der ungarischen Sprache und Kultur im Burgenland etwas anzufangen? Die Frage ist sicher gerechtfertigt. Wenn jedoch auch nur irgendwie ein Funken Anspruch besteht, ist jeder Einsatz für dieses Ziel sicher nicht unnötig und macht auch Sinn.

In letzter Zeit beginnen immer mehr Leute sich mit der ungarischen Sprache zu beschäftigen - auch jene, welche keine ungarischen Wurzeln besitzen. Ungarisch kommt in Mode... Heutzutage ist es keine Schande mehr, Ungar zu sein. In der Beurteilung dieser Nation hat sich überhaupt im letzten Jahrzehnt sehr viel geändert.

Ostösterreich und Westungarn bereiten sich auf eine Pannonische Region vor. Die Nachbarn lernen gegenseitig die Sprache des anderen und nicht nur die Ungarn die deutsche Sprache! Im Burgenland ist es in vielen Bereichen von Vorteil, wenn man die ungarische Sprache beherrscht.

Es wäre eine mystische Sache, sich darüber Gedanken zu machen, ob die Gründer des Burgenländisch-Ungarischen Kulturvereins diese große Veränderung schon damals gespürt haben. Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Sie haben es nicht gespürt! Sie waren nur treu. Treu ihrer Heimat, treu ihrer Muttersprache. Viele sind schon von uns gegangen, aber die von ihnen geleistete Arbeit lebt heute noch weiter und es wird in dieser Region noch immer ungarisch gesprochen...